Aus Liebe zum Laufen

Aus Liebe zum Laufen

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Laufen ist träumen mit den Füßen



Mein Mund schmeckt nach altem Kohl, pappig und fad. Ich drehe den Kopf, nur um festzustellen, dass mein Nacken weh tut. Langsam öffne ich meine Augen und schaue direkt in Florians Gesicht.
Er lacht:
,,Na, hast du vom Laufen geträumt?"
,,Ich weiß nicht mehr, was ich geträumt habe."
,,Deine Füße haben sich bewegt, als würdest du laufen!"
Mit einem langen Gähnen strecke ich mein zerknittertes Gesicht:
,,Ich bin doch kein Hund!"
Ich rolle mich wieder zusammen. Ein paar Minuten dösen gönne ich mir noch.

Vom Laufen träumen.
Als ich ein Kind war, habe ich immer davon geträumt fliegen zu können!
Ganz selten fühlten sich meine Träume so echt an, dass ich mir sicher war, ich konnte die Baumwipfel unter meinen Fingerspitzen spüren.
Die klare Luft atmen und mit den Zehen das Meer berühren.

Eines Tages war ich bei Papa. Ich stieg auf sein Bett und stellte mir vor ich könnte wirklich fliegen. Ich drückte mich mit aller Kraft ab, streckte die Arme in die Luft, blieb mit den Füßen im Laken hängen und knallte wie ein Brett nach vorne mit der Stirn zuerst auf den Boden. 
Ja, das Geschrei war groß. Papa kam gleich angerannt, holte aus der Küche eine Tüte tiefgefrorener Vollkornbrötchen und drückte sie mir an die Stirn.
Für zwei Tage war ich wohl das einzige echte Einhorn auf dieser Welt.

Wenn ich heute fliegen möchte, kletter ich nicht mehr auf ein Bett oder einen Kleiderschrank, springe nicht mehr von der Schaukel oder fahre ungebremst mit Rollschuhen auf Nachbars Böschung zu.
Wenn ich heute fliegen möchte, dann fordert das viel weniger blaue Flecken und Tränen. Heute schlüpfe ich lediglich in meine Laufschuhe.
Ich träume nicht mehr, ich tue es.
Ich laufe los, atme die klare Luft, spüre die kleinen Regentropfen, die auf meine Haut prasseln oder sauge die Wärme der Sonne in mich auf.
Ich laufe immer weiter, immer schneller. Am Wasser entlang, durch die Bäume, über Stock und Stein die Berge hinauf.
Mir ist kalt und gleichzeitig warm,
ich fühle mich geschwächt und gleichzeitig so unfassbar stark.
Meine Beine tragen mich über jedes Hindernis,
so als würde ich schweben.
Ich lasse mich von meinen Füßen durch die Welt tragen
und bewundere die Schönheit der Natur,
bewundere jedes Detail um mich herum,
Vögel, spielende Kinder, das Rauschen der Blätter, das Glitzern des Wassers.
Einfach alles ist so wunderbar.
Mein Körper tanzt zu der Musik der Welt.
Ich fliege.

Das Hupen eines Lkws holt mich zurück. Meine tägliche Runde ist vorbei und ich stehe wieder an der Hauptstraße und warte, dass es grün wird. Ich wische mir die Schweißperlen von der Stirn und spüre den Muskelkater der sich in meinen Beinen ankündigt. Ich stoppe meine Uhr und beschließe die letzten Meter nach Hause zu gehen.
Ich weiß nicht wie schnell ich war, ich weiß nicht wie hoch mein Puls war. Aber das alles spielt keine Rolle, denn was ich weiß, ist, dass ich fliegen kann. Wie hoch und wie weit, entscheide ich selbst.
Ich ganz allein. 




Montag, 5. Oktober 2015

Barfuß


In meinem Beruf als Schuhverkäuferin, habe ich jeden Tag mit den unterschiedlichsten Füßen zu tun. Senkfüße, Spreizfüße, Knickfüße, Plattfüße, Stinkefüße ... Die wenigsten haben von Geburt an solche Fußdeformationen. Ursache ist ganz einfach das Tragen von falschen Schuhen. Nun kann ich meinem Kunden schlecht sagen:,,Puh, Sie haben aber fiese Plattfüße!" Entweder versuche ich ihm ganz charmant ein Fußbett anzudrehen oder ich erzähle ihm, wie schön und gesund doch Barfuß laufen ist...

Der Mensch ist von Natur aus ein Läufer, ein Barfußläufer. Oder hast du schon mal gehört, dass Neandertaler ihr Mittagessen in rahmengenähten Budapestern gejagt haben? Na also. 
Durch das viele Barfuß laufen wird die Fußmuskulatur gestärkt. Ganz besonders dann, wenn man auf weichem Untergrund läuft, der sich dem Fuß anpasst, wie Waldböden, Sandstränden oder Wiesen. Nein, der Kölner Hauptbahnhof ist kein guter Ort dafür. Welcher Hipster sich das ausgedacht hat ist mir ein Rätsel.
Nun ist das leichter gesagt als getan, aber wenn du die Möglichkeit hast, dann nutze sie!
Ich glaube jeder der schon mal durch eine Taunasse Wiese oder durch den warmen Sandstrand gejoggt ist, kann das unterschreiben. Es ist einfach herrlich!

Meine Füße zumindest lassen es sich gerade am Strand von Grömitz gut gehen. Seit mehr als vier Wochen plagt mich eine gemeine Muskelzerrung im Oberschenkel und ich nutze jede schmerzfreie Bewegung aus die mich fit hält. Unter anderem das Laufen im Sand. Es ist anstrengend ja. Aber es macht super viel Spaß!
Also raus aus den Laufschuhen und los geht's!